Bonjour Tristesse by Sagan Françoise
Autor:Sagan, Françoise [Sagan, Françoise]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
DRITTES KAPITEL
Am nächsten Morgen, auf dem Weg zu Cyrils Villa, war ich in bezug auf meine geistigen Fähigkeiten weit weniger selbstsicher. Zur Feier meiner Heilung hatte ich beim Abendessen sehr viel getrunken und war mehr als vergnügt gewesen. Ich erklärte meinem Vater, daß ich eine Literaturprüfung machen und mit gelehrten Männern Umgang pflegen würde und daß ich berühmt und unerträglich langweilig werden wollte. Und er sollte die ganze Macht der Reklame und des Skandals entfalten, um mich zu lancieren. Wir kamen auf die albernsten Ideen und lachten, bis wir nicht mehr konnten. Anne lachte auch, aber weniger laut und mit einer Art milder Nachsicht. Von Zeit zu Zeit lachte sie gar nicht, wenn meine Vorschläge, wie ich zu lancieren sei, über den Rahmen der Literatur und des einfachen Anstandes hinausgingen. Aber mein Vater war so offensichtlich glücklich darüber, wieder dumme Witze mit mir machen zu können, daß sie nichts sagte. Schließlich brachten sie mich zu Bett und deckten mich zu. Ich dankte ihnen leidenschaftlich und sagte, daß ich nicht wüßte, was ich ohne sie machen würde. Mein Vater wußte es auch nicht, aber Anne schien eine ziemlich brutale Antwort bereit zu haben, doch als ich sie bat, sie mir zu sagen, und sie sich über mich beugte, übermannte mich der Schlaf.
Mitten in der Nacht wurde mir schlecht. Das Aufwachen am Morgen war unangenehmer als alles, was ich bisher in dieser Beziehung erlebt hatte. Mit vagen Gedanken und zögerndem Herzen ging ich auf den Fichtenwald zu, ohne das morgendliche Meer und die aufgeregten Möwen zu bemerken.
Ich sah Cyril am Eingang des Gartens stehen. Er stürzte auf mich zu, nahm mich in seine Arme, drückte mich leidenschaftlich an sich und murmelte verworrene Worte:
»Mein Liebstes, ich war so besorgt... Es ist schon so lange her... Ich wußte nicht, was du tust, ob diese Frau dich unglücklich macht... Ich wußte nicht, daß ich so unglücklich sein könnte... Ich bin jeden Nachmittag an der Bucht vorbeigefahren, einmal, zweimal... Ich wußte nicht, daß ich dich so sehr liebe...«
»Ich auch nicht«, sagte ich.
Wirklich, es überraschte und bewegte mich zugleich. Ich bedauerte, daß mir zu übel war, um meine Gefühle zeigen zu können.
»Du bist blaß«, sagte er. »Jetzt werde ich mich um dich kümmern; ich lasse nicht länger zu, daß du schlecht behandelt wirst.«
Elsa schien ihrer Phantasie freien Lauf gelassen zu haben. Ich fragte Cyril, was seine Mutter dazu sage.
»Ich habe sie ihr als eine Freundin, eine Waise vorgestellt«, sagte Cyril. »Sie ist übrigens sehr sympathisch, deine Elsa. Sie hat mir alles über diese Frau erzählt. Seltsam, daß jemand mit einem so feinen und rassigen Gesicht so eine Intrigantin sein kann.«
»Elsa hat sehr übertrieben«, sagte ich schüchtern. »Ich wollte ihr gerade sagen, daß...«
»Ich habe dir auch etwas zu sagen«, unterbrach mich Cyril. »Cecile, ich möchte dich heiraten.«
Ich hatte einen Moment der Panik: Ich mußte etwas tun, etwas sagen! Wenn mir nicht so grauenhaft übel gewesen wäre...
»Ich liebe dich«, murmelte Cyril in meine Haare. »Ich höre auf mit meinem Studium, man hat mir eine interessante Stellung angeboten... ein Onkel... Ich bin sechsundzwanzig, ich bin kein Kind mehr, ich meine es ernst.
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